Künstliche Intelligenz - Welche Rolle KI für die Wettbewerbsfähigkeit spielt

Künstliche Intelligenz ist von größter Bedeutung für die Zukunft von Unternehmen: 78 Prozent der Industrieunternehmen erwarten, dass KI zukünftig der entscheidende Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit sein wird. In der modernen Geschäftswelt ermöglicht KI den Organisationen, ihre Effizienz zu steigern, komplexe Prozesse zu automatisieren und fundierte Entscheidungen auf Basis umfangreicher Datenanalysen zu treffen. Doch KI-basierte Anwendungen verbessern nicht nur die Produktivität, sondern können auch vollständig neue Geschäftsfelder eröffnen.

Dass KI innerhalb kürzester Zeit ein Kernelement des beruflichen Alltags der Menschen geworden ist und nicht zuletzt aus diesem Grund auch für Unternehmen einen zentralen Zukunftsfaktor darstellt, belegt eine quotenrepräsentative Studie von Sopra Steria und dem F.A.Z.-Institut aus dem Jahr 2024. Die gesellschaftliche Durchdringung ist inzwischen enorm:

 

Notwendigkeit von KI zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit

Die Implementierung von KI ist für Unternehmen zunehmend unverzichtbar geworden. Dabei zeigen sich in der Analyse der „Top 500“-Unternehmen vier entscheidende Wettbewerbsvorteile.

 

KI ermöglicht es, Arbeitsabläufe zu automatisieren und Prozesse effizienter zu gestalten. Durch die Automatisierung repetitiver Aufgaben können personelle Ressourcen auf strategisch wertvollere Tätigkeiten konzentriert werden. 
Mithilfe von KI-Anwendungen können große Datenmengen analysiert werden, was die Qualität von Entscheidungsfindungen verbessert. Predictive Analytics und Maschinelles Lernen helfen Unternehmen außerdem, zukünftige Markttrends zu erkennen. 
Unternehmen können mithilfe von KI Kundenerlebnisse personalisieren. Durch die Analyse von Kundendaten und Kaufverhalten können maßgeschneiderte Angebote erstellt sowie die Kundenzufriedenheit und -bindung gestärkt werden. Um auch neueste Kunden- und Marktanforderungen schnell und flexibel erfüllen zu können, bietet die Technologie die Möglichkeit, Kundenfeedback in Echtzeit zu analysieren und Produkte oder Dienstleistungen entsprechend anzupassen. 
KI ist weit mehr als ein Effizienzwerkzeug – die Technologie kann die Geschäftslogik grundlegend verändern, etwa durch Agent-to-Agent-Ökosysteme oder dynamische Energie-Marktplätze, auf denen GenAI-basierte Plattformen Verbrauchs- und Erzeugungsdaten analysieren, um dynamische Energiepreise festzulegen und automatisch Kauf- oder Verkaufsentscheidungen zu treffen. Das setzt jedoch eine weitgehende Durchdringung von KI in den Unternehmen voraus und die Investition in Kompetenzen, Dateninfrastrukturen sowie in wertschöpfende Anwendungen der Technologie.

Aus diesen Gründen sind die Wachstumserwartungen bei allen relevanten KI-Aspekten in den kommenden Jahren enorm, wie die folgende Prognose von Sopra Steria Next zeigt:

Erfolgsfaktoren bei der Integration von KI in Unternehmensprozesse

Bei der Integration von KI in die Prozesse und Geschäftsmodelle zeigen sich sechs entscheidende Erfolgsfaktoren, um Wettbewerbsvorteile zu erhalten:

 

Eine klare und strategische Zielsetzung bildet die Grundlage für die erfolgreiche Nutzung von KI. Unternehmen müssen spezifische Problemstellungen oder Geschäftsziele formulieren, die durch den Einsatz von KI verbessert oder gelöst werden können. Beispiele dafür sind die Automatisierung von Routineaufgaben, die Optimierung von Produktionsprozessen und die Verbesserung der Produktqualität.
KI-Modelle sind nur so gut wie die Daten, mit denen sie trainiert werden. Es braucht folglich gut strukturierte, relevante und fehlerfreie Daten aus verschiedenen Quellen, die leicht zugänglich und stets aktuell sind. Dies erfordert Investitionen in Datenmanagement-Systeme, die Daten konsolidieren, bereinigen und für KI-Anwendungen bereitstellen.
Die erfolgreiche Einführung von KI erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Abteilungen wie IT, Produktion, Forschung und Entwicklung sowie den Fachbereichen. Denn KI muss zwingend in die konkreten Prozesse und Anforderungen des Unternehmens integriert werden. Externe Partnerschaften mit spezialisierten Technologieanbietern, Hochschulen oder Start-ups können ebenfalls entscheidend sein, um technisches Know-how und innovative Lösungen zu nutzen.
Die Akzeptanz von KI im Unternehmen hängt stark von der Einbindung der Mitarbeitenden ab. Schulungen und Weiterbildungsmaßnahmen sind notwendig, um die Belegschaft mit den neuen Technologien vertraut zu machen. Gleichzeitig müssen Unternehmen sicherstellen, dass Ängste oder Vorurteile gegenüber der Technologie abgebaut werden, indem sie transparent kommunizieren, wie KI die Arbeit erleichtert und ergänzt, anstatt sie zu ersetzen.
Unternehmen können mit Pilotprojekten in einem begrenzten Anwendungsbereich beginnen, um die Effektivität der Technologie zu testen und frühzeitig Probleme zu identifizieren. Erfolgreiche Pilotprojekte können anschließend skaliert werden, um den Nutzen auf weitere Prozesse oder Geschäftsbereiche auszuweiten. Dieser schrittweise Ansatz minimiert Risiken und bietet gleichzeitig die Möglichkeit, aus Erfahrungen zu lernen und Anpassungen vorzunehmen.
Unternehmen benötigen eine leistungsfähige technologische Infrastruktur, die auf die Anforderungen von KI abgestimmt ist. Dies umfasst unter anderem leistungsstarke Server, Cloud-Lösungen, Datenbanken und KI-Frameworks.

Der Einsatz von KI ist heute längst kein optionaler Vorteil mehr, sondern eine Notwendigkeit, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Im Zuge der Implementierung tritt jedoch eine große Zahl von Herausforderungen auf, die sich direkt aus den sechs genannten Punkten ableiten lassen: Sind die nötigen Daten verfügbar? Fehlt notwendige technische Infrastruktur für die Einführung der KI? Inwiefern schränkt der Fachkräftemangel ein Unternehmen dabei ein, weil beispielsweise Experten für Cybersecurity fehlen?

Die hier ausgewählten Use Cases zeigen, wie erfolgreiche Unternehmen solchen Problemen getrotzt und wertschöpfende Geschäftsmodelle durch die Nutzung von KI geschaffen haben. Bei allen drei Anwendungsbereichen besitzt KI großes Potenzial zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit:

  • Predictive Maintenance
  • Smart Building Solutions
  • Pay per Part

Predictive Maintenance

Predictive Maintenance (vorausschauende Wartung) ist eine Strategie, bei der verschiedene Technologien – unter ihnen Internet of Things (IoT), Maschinelles Lernen, Deep Learning und automatisierte Datenanalyse – eingesetzt werden, um den Zustand von Maschinen und Anlagen kontinuierlich in Echtzeit zu überwachen und Wartungsbedarfe frühzeitig zu erkennen. Ziel ist es, ungeplante Ausfälle zu vermeiden, Wartungskosten zu senken und die Betriebszeit zu maximieren. KI-basierte Ansätze heben diesen Bereich der Früherkennung auf ein völlig neues Level.

In der Halbleiterindustrie wird Predictive Maintenance beispielsweise genutzt, um hochpräzise Lithografie-Tools zu überwachen. Auch Unternehmen aus dem Maschinenbau, der Medizintechnik oder der Automobilindustrie profitieren, indem sie die Verfügbarkeit und Effizienz ihrer Anlagen steigern. Zwei Hebel sind wesentlich bei der zielführenden Nutzung KI-basierter Predictive-Maintenance-Anwendungen:

 

Ein entscheidender Hebel für KI-basierte Predictive Maintenance ist die Integration von IoT-Technologien. Vernetzte Sensoren sammeln kontinuierlich Daten zu kritischen Maschinenparametern wie Temperatur, Vibration oder Druck und übermitteln diese in Echtzeit an zentrale Systeme. Dadurch können Unternehmen ihre Maschinen und Anlagen jederzeit präzise überwachen und frühzeitig auf potenzielle Probleme reagieren. Auf diese Weise werden übermäßige oder unnötige Routinewartungen ebenso wie teure Notfallreparaturen vermieden und Ausfallzeiten minimiert.
Interdisziplinäre Teams sind ein Schlüssel zum Erfolg von Predictive Maintenance, da die Entwicklung und Implementierung solcher Systeme das Zusammenwirken verschiedener Fachbereiche erfordert. In Workshops, Konferenzen und Ideation-Sessions kommen Mitarbeitende aus möglichst vielen verschiedenen Bereichen des Unternehmens zusammen, um sinnvolle KI-Anwendungen zu identifizieren oder zu entwickeln. Die Vielfalt von Perspektiven ermöglicht eine fundierte Priorisierung. Für die Umsetzung arbeiten die Teams in iterativen Prozessen, bei denen Lösungen entwickelt, getestet und kontinuierlich verbessert werden. Diese Arbeitsweise stellt sicher, dass technische Anforderungen, Datenanalysen und betriebliche Ziele möglichst optimal aufeinander abgestimmt sind.

Praxisbeispiel Computertomographie von Bauteilen, Carl Zeiss AG

Zeiss stellt mit der KI-unterstützten Computertomographie für die Analyse von Elektronikbauteilen den Nutzen moderner Technologien unter Beweis. Diese innovative Anwendung hat dazu geführt, dass Ausschussraten signifikant gesenkt und Produktionsprozesse effizienter gestaltet wurden. Das Modell von Zeiss zielt darauf ab, durch den Einsatz von Sensoren und datenbasierten Analysen den Zustand von Maschinen, Geräten und Anlagen kontinuierlich zu überwachen. So werden Maschinenverschleiß oder Anomalien frühzeitig erkannt, bevor sie zu kostspieligen Ausfällen führen. Die dahinterliegende KI-Strategie ermöglicht es dem Unternehmen, datenbasierte Technologien systematisch und nachhaltig in seine Unternehmensprozesse zu integrieren.

Smart Building Solutions

Smart Building Solutions sind ein wichtiger Bestandteil moderner Architektur und Gebäudetechnik. Mit dem Einsatz von IoT, KI und Automatisierungstechnologien werden Gebäude effizienter, benutzerfreundlicher und nachhaltiger. Ziel ist es, den Energieverbrauch zu reduzieren, den Komfort der Nutzerinnen und Nutzer zu erhöhen und die Instandhaltungskosten langfristig zu minimieren.

Ein Kernbereich hierbei ist die dynamische Steuerung von Gebäudetechnik wie HVAC-Systemen (Heizung, Lüftung, Klimaanlage). IoT-Sensoren und KI-Algorithmen überwachen kontinuierlich Parameter wie Raum- und Außentemperatur. Basierend auf Echtzeitdaten werden die Systeme angepasst, um den Energieverbrauch zu senken und den Nutzerkomfort zu optimieren. Neben der Energieoptimierung, wird auch der Wartungsaufwand reduziert.

Darüber hinaus wird im Bereich Smart Building Solutions die Automatisierung gezielt dort eingesetzt, wo repetitive oder körperlich anstrengende Aufgaben anfallen. Robotik spielt hier eine wichtige Rolle, etwa bei der Reinigung großer Flächen oder dem Transport schwerer Materialien. KI-Anwendungen entlasten Mitarbeitende und wirken dem gerade in der Bauindustrie großen Fachkräftemangel entgegen.

KI-basierte Anwendungen sind auf der Baustelle beziehungsweise bei deren Vorbereitung von großer Bedeutung – und diese wird weiter zunehmen. Zwei Anwendungsbereiche sind dabei besonders bereichernd: die Vorfertigung von Bauteilen im Sinne einer Just-in-Time-Logistik sowie der Einsatz von Robotern vor Ort auf der Baustelle.

 

Zunehmend werden in der Baubranche Aufgaben von KI-gesteuerten Robotern übernommen, besonders repetitive oder körperlich anstrengende Arbeiten. Tätigkeiten wie das Handling schwerer Bauteile, Bohren oder Streichen können nun von automatisierten Systemen ausgeführt werden. Dies minimiert Fehlerquellen und ermöglicht eine durchgehende, unterbrechungsfreie Arbeitsweise.
In der Bauwirtschaft ermöglicht die digitale Planung eine effiziente Vorfertigung von Bauteilen, bevor diese auf der Baustelle zusammengesetzt werden. Dieser Ansatz garantiert eine konstant hohe Qualität der Bauteile und minimiert Einflüsse wie schlechtes Wetter. Ein zentrales Konzept hierbei ist die Just-in-Time-Logistik: Bauteile werden exakt dann zur Baustelle geliefert, wenn sie benötigt werden, wodurch Lagerzeiten und Platzbedarf reduziert werden.

Praxisbeispiel generatives Design, Goldbeck GmbH

Goldbeck nutzt innovative Technologien, um Bauprozesse effizienter und nachhaltiger zu gestalten. Statt mit klassischen Planungsprozessen zu beginnen, werden Gebäude immer häufiger zunächst digital entworfen. Auf Basis grundlegender Parameter wie Größe, Lage und Nutzungsart werden Basismodelle erstellt, die im zweiten Schritt von Ingenieuren und Architekten angepasst werden. Der Einsatz von generativem Design ermöglicht es, die Planung zu beschleunigen und durch KI-Algorithmen kontinuierlich Optimierungspotenziale zu identifizieren, die Material sparen und Kosten reduzieren. Dies sorgt für mehr Planungssicherheit und erlaubt es, mehrere Prozessschritte parallel auszuführen.

Die Vorfertigung von Bauteilen in Produktionshallen, kombiniert mit Just-in-Time-Logistik, sorgt bei Goldbeck für eine reibungslose Montage auf der Baustelle. Automatisierung und Robotertechnik übernehmen zudem körperlich anstrengende Arbeiten, steigern die Qualität und entlasten Mitarbeitende.

Pay per Part

Bei Pay per Part zahlen Kunden nicht für den Kauf oder die Nutzung einer Maschine, sondern ausschließlich für die Anzahl der produzierten Teile. Dieses „Equipment-as-a-Service“-Modell minimiert für Unternehmen die Investitionsrisiken und ermöglicht ihnen eine flexible, bedarfsorientierte Produktion. Hersteller übernehmen hierbei die Verantwortung für die Maschinenbereitstellung, Wartung und Prozessoptimierung, während Kunden sich auf ihre Kerntätigkeiten konzentrieren können.

KI spielt zunehmend eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung des Pay-per-Part-Modells. Ein Beispiel: In der Blechbearbeitung können Algorithmen Oberflächeneigenschaften von Materialien in Echtzeit bewerten, indem sie Millionen gelabelter Bilder analysieren. Dadurch lassen sich Prozesse automatisch anpassen, um die Qualität der Bauteile sicherzustellen. Gleichzeitig ermöglichen KI-gestützte Systeme eine kontinuierliche Überwachung der Maschinenleistung und frühzeitige Fehlererkennung.

Pay-per-Part-Ansätze bieten Vorteile sowohl für die Hersteller von Maschinen als auch für die Kunden

 

Für Kunden reduziert Pay per Part die Eintrittsbarrieren in hochspezialisierte Produktionsbereiche, da keine hohen Investitionskosten für Maschinen anfallen. Die Abrechnung nach produzierten Teilen sorgt für hohe Kostentransparenz und macht die Produktion skalierbar, da nur für tatsächlich gefertigte Bauteile gezahlt wird.
Maschinenhersteller erschließen durch Pay per Part langfristige, kontinuierliche Einnahmequellen statt einmaliger Maschinenverkäufe. Durch die Verantwortung für den Produktionsprozess stärken sie die Kundenbindung, da sie eng in die Wertschöpfungskette eingebunden sind. Mit dem datenbasierten Ansatz optimieren Hersteller zudem Prozesse durch die kontinuierliche Analyse von Produktionsdaten.

Praxisbeispiel Pay per Part, Trumpf SE + Co. KG

Trumpf ermöglicht es anderen Firmen, den hochmodernen Laservollautomaten TruLaser Center 7030 einzusetzen, ohne selbst über das nötige Fachpersonal zu verfügen. Durch die Vernetzung der Maschine mit Kameras und Sensoren können Trumpf-Experten aus einem Remote Control Center den Betrieb überwachen und steuern. Dadurch können Unternehmen trotz des Personalmangels die innovative Trumpf-Technologie nutzen.

Trumpf nutzt KI außerdem, um die Qualität und die Effizienz in der Blechbearbeitung und darüber hinaus zu steigern. Mithilfe von Algorithmen, die Millionen gelabelter Bilder analysieren, können Oberflächeneigenschaften von Blechen in Echtzeit bewertet und Bearbeitungsprozesse automatisch angepasst werden.

Zukunftsweisend ist zudem die Entwicklung von KI-Chips in Zusammenarbeit mit SiMa.ai. Diese Chips verarbeiten Daten direkt an der Maschine, was energieeffiziente und hochflexible Fertigungsprozesse ermöglicht. Schweißparameter lassen sich so automatisch anpassen, ohne dass eine permanente Netzwerkverbindung nötig ist, und neuronale Netze werden direkt in Produktionssysteme integriert.

Fazit

Die Integration von KI erfordert ein systematisches Vorgehen, das über die reine Einführung von Technologie hinausgeht. Unternehmen, die klare Ziele setzen, qualitativ hochwertige Daten nutzen, ihre Mitarbeitenden einbinden und die Technologie iterativ einführen, haben die besten Chancen, von KI zu profitieren. Gleichzeitig müssen sie sicherstellen, dass die Technologie auf einer stabilen Infrastruktur aufbaut und durch starke Governance-Strukturen gestützt wird.

Autor

Leander Tillmann ist Strategy & Management Consultant bei Sopra Steria Next.

Jetzt auf LinkedIn verknüpfen