Nachgefragt bei Lisa Schiborr, Data & Analytics Expertin bei Sopra Steria, über moderne Datenarchitekturen im Finanzsektor
Lisa, auf der diesjährigen TDWI sprichst Du gemeinsam mit Deinen Kollegen Stefan Seyfert und Thomas Müller über moderne Datenarchitekturen für Banken. Dabei geht es jedoch nicht allein um Fragen der richtigen Technologie. Warum ist die Einführung einer modernen Referenzarchitektur kein reines Technikthema?
Die Einführung von modernen Datenarchitektur ist hochstrategisch, denn sie berührt die grundsätzliche Ausrichtung der Banken und legt nachhaltig die Perspektive und Entwicklung fest. Es setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch: „Business follows IT“. Das ist wichtig. In der Vergangenheit war es genau umgekehrt.
Die US-Banken haben diesen Wandel bereits vor längerer Zeit vollzogen und verstehen sich heute als datenzentrierte und vor allem datengetriebene Technologieunternehmen. Eine Großbank wie JP Morgan Chase investiert jährlich rund zwölf Milliarden Dollar in seine Technologie und beschäftigt inzwischen mehr IT-Spezialisten als viele Tech-Konzerne.
Wollen Deutschlands Banken nicht den Anschluss verlieren, dann sind sie also ebenfalls auf belastbarere und vor allem flexiblere IT-Architekturen angewiesen, die es mit integrierten Technologien ermöglichen, Prozesse effizienter zu gestalten und neue Lösungen entwickeln zu können.
Da sie nur mit einer entsprechend belastbaren IT und exzellentem Datenmanagement den veränderten Kundenwünschen nachkommen können?
Tatsächlich ist der vorherrschende Digitalisierungsdruck zwar ein Grund, es ist aber nicht der dringlichste. Natürlich spielen die Möglichkeiten, innovative Technologien wie Künstliche Intelligenz oder Machine Learning verstärkt für Kundenlösungen zu nutzen, eine wichtige Rolle. Doch vor allem haben deutsche Banken mit einem immensen Kostendruck, damit einhergehend Wettbewerbsdruck, und einer sich ständig verändernden Regulatorik zu tun. Beides erfordert neue Fähigkeiten beim Umgang mit Daten.
In diesem Zusammenhang müssen die Vorgaben aus Basel III und der BCBS Standard 239 genannt werden. Die Finanzaufsicht hat ihre Lehren aus der Finanzkrise gezogen. IT und die Datenarchitekturen der Banken waren oftmals nicht mehr für ein umfassendes Risikomanagement geeignet. Mit Initiativen wie BIRD und dem Integrated Reporting Framework der Europäischen Zentralbank steigen die Anforderungen an den Umgang mit Daten perspektivisch weiter.
Wie reagieren Banken bislang nach Eurer Beobachtung auf den Wandel und was ist eure Antwort auf die beschriebenen Herausforderungen?
Viele Banken haben es mit hochkomplexen Anwendungslandschaften zu tun. Um den immensen Kostendruck zu senken, setzen sie daher auf Konsolidierung, Standardisierung und Automatisierung. Doch branchenübergreifende Softwarelösungen von der Stange werden den beschriebenen regulatorischen Anforderungen im Finanzwesen oftmals nicht gerecht. Es bedarf einer „architektonischen“ Neuausrichtung, sprich: moderner Infrastrukturen für dispositive Systeme, um so die Gesamtkomplexität der Prozesse zu reduzieren und Medienbrüche zu vermeiden.
Durch die Nutzung von Standards und die effiziente Optimierung und Unterstützung von zugehörigen Prozessen ist es beispielsweise möglich, das Metadaten- und Datenqualitätsmanagement sowie die Data Governance historisch abzubilden und zu verfolgen. Wir haben für diesen Zweck eine Referenzarchitektur entwickelt, die genau diesen Punkten Rechnung trägt. Sie liefert Ansätze für die Umsetzung einer gelungenen Datenintegration und zeigt auf inwiefern eine Datenschichtarchitektur gestaltet werden kann. Banken unterstützt mit einem solchen Ansatz nicht nur die aktuellen Geschäftsprozesse, sondern halten gleichzeitig die Betriebs- und Weiterentwicklungskosten gering.
Vielen Dank für das Gespräch, Lisa!
Lisa Schiborr ist Consultant Data & Analytics bei Sopra Steria im Bereich Banking.