Um zu wachsen, setzt die Goldbeck GmbH auf organische und anorganische Strategien. Und auf ihre Mitarbeitenden: Vertrauen, Verantwortung, Menschlichkeit, Pioniergeist und Leistung sind die Werte, die das Unternehmen prägen. Wie das geht und weshalb sich das Unternehmen nicht zu sehr von kurzfristigen Marktschwankungen beeinflussen lässt, erklärt Dr. Sven Mettner, Head of Corporate Development bei der Goldbeck GmbH, im Gespräch mit Michael Buttkus, Senior Partner bei Sopra Steria Next.
Michael Buttkus: Was macht Ihr Unternehmen so erfolgreich?
Sven Mettner: Das Wichtigste sind unsere Werte: Verantwortung, Leistung, Menschlichkeit, Pioniergeist und Vertrauen. Wir schenken unseren Mitarbeitenden schon früh das Vertrauen, selbst Verantwortung zu übernehmen. So zeigen wir ihnen: Wir vertrauen euch, dass ihr Leistung bringen werdet. Unserem Unternehmen ist Leistung wichtig. Wir brauchen Menschen, die Lust haben, sich einzubringen und Dinge voranzutreiben. Das wird von den Vorgesetzten vorgelebt. Die Orientierung am Unternehmenserfolg ist eine wichtige Maßgabe. Das schlägt sich zum Beispiel auch in der Incentivierung nieder. Alle Mitarbeitenden erhalten zusätzlich zu ihrem festen Entgelt einen Gewinnbonus abhängig vom Unternehmenserfolg.
Michael Buttkus: Ich stelle es mir in der aktuellen Arbeitswelt schwierig vor, jungen oder neuen Mitarbeitenden eine solche Unternehmenskultur zu vermitteln. Was tun Sie, damit Ihnen das gelingt?
Sven Mettner: Zum einen kommunizieren wir die von uns gelebten Werte sehr direkt in Richtung der Mitarbeitenden und potenziellen neuen Mitarbeitenden. Zum anderen setzen wir darauf, dass Führungskräfte als Vorbilder auftreten, indem sie nahbar sind und selbst Verantwortung übernehmen. Außerdem investieren wir viel in das Thema Mitarbeiterentwicklung – vom ersten Tag an. Dazu gehört, dass wir alle Mitarbeitenden, die an Goldbeck-Standorten deutschland- und europaweit starten, zu Beginn für zwei Tage nach Bielefeld holen. So entsteht ein Netzwerk, dem sich die neuen Beschäftigten zugehörig fühlen, und so schaffen wir Verständnis für unsere Denkweise.
Michael Buttkus: Leistungsorientierung als klarer Fokus mag heutzutage manch potenziellen Arbeitnehmer abschrecken.
Sven Mettner: Für diejenigen, die wir einstellen, ist es attraktiv, leistungsorientiert zu arbeiten und dafür geschätzt zu werden. Aber es stimmt, es ist immer wieder eine Herausforderung, das zu thematisieren. Es hat aber Vorteile für die Mitarbeitenden und ihre Entwicklung: In jährlichen Mitarbeiterdialogen zeigen wir ihnen Chancen und Potenziale auf. Das gilt für alle Mitarbeitenden, bis hin zur Geschäftsführung. Und das Schöne im Bauunternehmen ist, dass wir am Ende das Ergebnis unserer Arbeit sehen – als Gebäude mit Mehrwert für die Gesellschaft.
Michael Buttkus: Lassen Sie uns von der Perspektive der Mitarbeitenden auf die Investitionsseite wechseln. Welche Stoßrichtung haben Sie dort, worauf richten Sie den Fokus bei Investitionen?
Sven Mettner: Ein wichtiger Bereich ist die Investition in Technologie mit fast 500 Beschäftigten. Damit liegen wir weit über dem Branchendurchschnitt. Im Bereich Innovation, Produkt & Systeme werden Produkte entwickelt oder verbessert. Das ist mit Kosten verbunden, sichert uns aber eine nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit. Wir haben klare Vorstellungen von unserer Marge und unserem Wachstum. Um zu wachsen, investieren wir auf zwei Ebenen. Zum einen organisches Wachstum: Wir eröffnen eine weitere Niederlassung, bauen sie aus und entwickeln sie. Der andere Bereich, der eine Option darstellt, ist anorganisches Wachstum, zum Beispiel gezielte Unternehmenskäufe. Durch den Kauf eines Unternehmens in Frankreich können wir nun auch Spanien und Italien bedienen. Einen ähnlichen Weg sind wir in Dänemark gegangen, von wo aus wir nun sukzessive unsere Präsenz in Skandinavien entwickeln. Ein weiterer Investitionsfokus betrifft das Thema Wertschöpfungstiefe. Werke mit eigener Fertigungskapazität zu besitzen, sind Teil unseres Erfolgsrezepts, um unser System selbst zu bedienen. Wir haben dafür sukzessive in Produktion investiert.
Michael Buttkus: Welche Überlegungen gibt es, dieses Geschäftsmodell weiterzuentwickeln oder gar zu ändern?
Sven Mettner: Weiterentwickeln ja, grundsätzlich ändern aber nicht. Im Kern ist und bleibt unser Geschäftsmodell, Immobilien von der Idee an über den gesamten Lebenszyklus zu bedienen. Dieser Lebenszyklus endet nicht nach dem Bau eines Gebäudes, sondern wird weitergeführt im Service bis hin zu Revitalisierung und Rückbau. Wir übergeben die Immobilie nicht nur, sondern begleiten unsere Kunden als Verlängerung der Bauleistung auch innerhalb der ersten fünf Jahre der Gebäudenutzung. Mit dem +5-Kundenservice bleiben wir in dieser Phase an der Seite der Bauherren und managen die Inbetriebnahme- und Mängelhaftungsphase. Darüber hinaus bieten wir weitere Serviceleistungen für die Nutzungsphase. Wir begleiten unsere Kunden über den gesamten Immobilienlebenszyklus hinweg und bringen für einen effizienten Gebäudebetrieb unser Know-how ein. Ein zunehmend wichtiger Punkt des Lebenszyklus ist Transparenz und damit Daten: Wir investieren aktuell in diesem Bereich. Es geht uns darum, einen Überblick über den aktuellen Status des Gebäudes zu haben und Gebäude in der Zukunft intelligent zu steuern.
Michael Buttkus: Wäre es nicht naheliegend, zusätzlich auch ins Immobiliengeschäft einzusteigen? Streben Sie das an?
Sven Mettner: Nein, wir fokussieren uns lieber auf unsere Stärken, auf das systematisierte und serielle Bauen.
Michael Buttkus: Welchen Einfluss haben makroökonomische Entwicklungen auf Ihr Geschäft?
Sven Mettner: Grundsätzlich ist es uns wichtig, an unserer Strategie festzuhalten und uns nicht zu sehr von makroökonomischen Tendenzen beeinflussen zu lassen. Zum Beispiel bauen wir aktuell ein eigenes Werk in Kirchberg im Hunsrück. Da fragen uns auch immer wieder Leute, warum wir das in dieser wirtschaftlich angespannten Zeit machen. Die Antwort: Weil wir sicher sind, dass die Nachfrage in Zukunft da sein wird. Es gehört zur DNA unseres Unternehmens, auch in herausfordernden Zeiten in die Zukunft zu investieren und die Weichen für zukünftiges Wachstum zu stellen.
Michael Buttkus: Sie haben auch eine Einheit für Künstliche Intelligenz. In welchen Bereichen setzen Sie auf KI?
Sven Mettner: Vor ein paar Jahren haben wir zu schauen begonnen, welche Potenziale aus KI entstehen können. Danach haben wir eine eigene KI-Abteilung aufgebaut und sind mit Use Cases gestartet. Der Einsatz geht von internen Prozessen im Finanz- und Buchhaltungsbereich über das Einlesen von Daten auf der Baustelle bis hin zur Leadgenerierung im Vertrieb. Ein großes Potenzial sehen wir in der Planung. Normalerweise dauert die Planung eines Gebäudes einige Monate. Mit KI-gestützter Software glauben wir, in Zukunft den Prozess signifikant zu beschleunigen.
Michael Buttkus: Vielen Dank für das Gespräch und die neu gesammelten Eindrücke!
Dr. Sven Mettner ist seit 2024 Head of Corporate Development bei der Goldbeck GmbH. Zuvor arbeitete der promovierte Wirtschaftswissenschaftler bei McKinsey & Company.
Die Goldbeck GmbH mit Hauptsitz in Bielefeld gehört zu den europaweit führenden Anbietern für den schlüsselfertigen Bau von Gewerbeimmobilien, wie Bürogebäuden, Logistikzentren und Parkhäusern. Auch Schul- und Wohngebäude
realisiert Goldbeck. Mit einem integralen Ansatz deckt das Unternehmen Planung, Bau und Betrieb ab. Goldbeck beschäftigt mehr als 12.500 Mitarbeitende an über 100 Standorten. Im Geschäftsjahr 2023/2024 erzielte das Unternehmen eine
Gesamtleistung von 6,4 Milliarden Euro.