Studie: Blick in die Zukunft vermiest Versicherern die Laune - Sopra Steria Consulting veröffentlicht Branchenkompass Insurance 2019

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Die Versicherungswirtschaft in Deutschland verharrt in ihrem Stimmungstief. Nur rund jeder vierte Entscheider geht davon aus, dass sich die Branche in den kommenden drei Jahren signifikant besser als die Gesamtwirtschaft entwickeln wird. Damit hat sich die Gemütsverfassung seit 2017 kaum verändert, trotz ordentlicher Wachstumszahlen 2018. Die Abkühlung der Konjunktur kommt zur Unzeit, Regulierung und die anhaltend niedrigen Zinsen erschweren weiterhin das Geschäft. In sieben von zehn Unternehmen binden zudem Maßnahmen für mehr Datensicherheit und Datenschutz viele Ressourcen. Impulse für neues Wachstum versprechen sich die Versicherer und Vermittler durch mehr Automatisierung und Digitalisierung. Das ergibt die Studie „Branchenkompass Insurance 2019“ von Sopra Steria.

Für das laufende Geschäftsjahr rechnen die Entscheider der Versicherer und Makler im Durchschnitt erneut mit Beitragssteigerungen, so der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Mittel- bis langfristig stellt sich die Branche auf Wachstumsdämpfer ein. Die Stimmung ist allenfalls als verhalten optimistisch einzustufen. Entscheider kleinerer Versicherer mit bis zu 500 Mitarbeitern blicken pessimistischer in die Zukunft als die Konzerne. Das liegt vor allem an den hohen Bürokratiekosten für die Umsetzung von EU-Regularien. Die großen Unternehmen können die fixen Kosten, die Solvency II, die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und der Bilanzierungsstandard IFRS 17 auslösen, besser über die Masse an Verträgen und Mitarbeitern verteilen als Versicherer mit weniger Bestand und Personal.

Leichte Entlastung winkt den Versicherern mittelfristig beim Solvency-II-Regelwerk. Die EU-Kommission will das Thema 2020 neu bewerten. Der GDV hatte nach einer Zwischenbilanz darauf hingewiesen, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Solvenzberichte kaum gelesen werden, und eine Verschlankung gefordert. Für zusätzliche Vereinfachungen wollen die Versicherer selbst sorgen. Plan ist, Kosten für künftige regulatorische Anpassungen durch Investitionen in Cloud-Lösungen an die Anbieter auszulagern. Fast jede dritte Führungskraft (31 Prozent) verspricht sich mit der Maßnahme automatische Anpassungen an Regulierungen, so die Studie.

Beim Vergleich mit anderen Anbietern von Versicherungen gibt sich die Branche selbstbewusst. 43 Prozent der Unternehmen halten sich für technologisch und organisatorisch besser gewappnet als ihre direkten Wettbewerber. Zwölf Prozent sehen sich in einer schwächeren Position. Vermittler sind hier etwas zurückhaltender als ihre Produktgeber. Von ihnen sagen nur 32 Prozent, besser als ihre Wettbewerber zu sein, 18 Prozent schätzen sich als schwächer ein. Sie befürchten vor allem, dass sie sukzessive durch Onlineplattformen und Insurtechs ersetzt werden. Insgesamt betrachten 59 Prozent der Versicherer und Vermittler Insurtechs als ernste Bedrohung im Kampf um Marktanteile.

Strategisch wenig Neues

Auf der Suche nach neuen Wachstumsimpulsen wirkt die Branche strategisch ein Stück weit ideenlos: Auf der Einnahmenseite bleiben viele Versicherer ihren etablierten Strategien treu. Für 76 Prozent ist das Gewinnen neuer Kunden immer noch das Hauptstandbein für Wachstum. Immerhin: 67 Prozent der befragten Versicherer fokussieren sich parallel verstärkt auf Cross-Selling-Strategien mit Stammkunden. „Die Differenzierung gegenüber Wettbewerbern findet in der Versicherungsbranche noch stark über den Preis statt, besonders bei Sachversicherungen. Damit ist praktisch jeder Versicherer gezwungen, Organisation und Prozesse akribisch nach Einsparpotenzialen abzusuchen. Kunden honorieren allerdings auch schnelle und fundierte Beratung über diverse Kanäle sowie Produkte, die sich ihrer Lebenssituation ständig anpassen. Diesen Wachstumspfad mit loyalen Kunden sollten mehr Assekuranzen stärker verfolgen“, sagt Christian Diemaier, Leiter des Geschäftsbereichs Insurance von Sopra Steria.

Automatisierung und Digitalisierung als Hoffnungsträger

Um sich gleichzeitig Vorteile bei den Kosten und bei der Kundenzufriedenheit zu verschaffen, stehen branchenweit Investitionen in Automatisierung, Digitalisierung und Kooperationen auf der Agenda. Aus Sicht von 61 Prozent der befragten Entscheider sollte das eigene Unternehmen eine technologische Vorreiterrolle anstreben. Zentrale Hebel sind Robotic Process Automation, Beratung mit Unterstützung von Chatbots, Bekämpfung von Versicherungsbetrug mithilfe Künstlicher Intelligenz sowie Cloud Computing.

Mehr als jedes zweite Unternehmen will zudem mit durchgehend digitalen Prozessen mehr direkte Onlineabschlüsse ermöglichen und die Schaden-Kosten-Quoten massiv senken. Maßstab im Schadenmanagement sind digitale Versicherer wie One, die bis zu 60 Prozent aller Schäden in Echtzeit und vollautomatisch regulieren. 63 Prozent der Versicherungsmanager sehen große Chancen, mit dem Umstieg auf eine IT-Landschaft aus der Cloud Wachstumsimpulse im Vertrieb zu setzen. Jeder vierte Versicherer möchte mit dieser Maßnahme künftig schneller und einfacher modulare Baukastenprodukte für Kunden anbieten und gewachsene Spartenstrukturen überwinden. Beim Thema Kooperationen mit Insurtechs zögern viele Entscheider noch. Nur vier von zehn Versicherungsunternehmen halten die Zusammenarbeit für nützlich, bei den Vermittlern spricht sich jeder vierte für Partnerschaften aus.

Vertrieb 2022: weniger Vermittler, aber keine Komplettdigitalisierung

Als Wachstumsgaranten gelten in der Versicherungswirtschaft die Vermittler und Makler mit ihrer Nähe zu den Kunden. Mit Blick auf die kommenden drei Geschäftsjahre sehen die befragten Versicherungsführungskräfte einen Rückgang der Vermittlerzahlen zugunsten des Direktgeschäfts über Onlinekanäle. Als Vertriebsmodell der Zukunft erwarten drei Viertel der Befragten allerdings kein Ende der persönlichen Beratung, sondern einen Hybridansatz.

Für viele Versicherungsprodukte bleiben die Berater unverzichtbar, werden allerdings bei der Anbahnung von Geschäft deutlich stärker als bislang durch Technologien wie Künstliche Intelligenz unterstützt. Selbst rein digitale Versicherer setzen auf die Nähe zu erfahrenen Vertriebsexperten. Neodigital und Wefox bieten beispielsweise digitale Sachversicherungen über Makler an. Wefox unterstützt Makler darüber hinaus mit einem digitalen Backoffice. „Wir werden erleben, wie die Versicherer mit ihrer Markenbekanntheit, Makler und Vermittler mit ihrem Vertriebs-Know-how sowie Insurtechs mit ihrer technischen Innovationsstärke deutlich enger zusammenrücken“, sagt Christian Diemaier von Sopra Steria.

Über die Studie:

Die Ergebnisse der Studie Branchenkompass Insurance 2019 wurden in zwei Schritten erhoben. Sopra Steria und das F.A.Z.-Institut haben Versicherungsführungskräfte in einem Think Tank zusammengebracht und mit ihnen über die Themen diskutiert, die die Branche bewegen. Kundenzentrierung, Vertrieb und Angebotsmanagement mithilfe Künstlicher Intelligenz sowie Cloud Computing standen im Fokus. Im März und April 2019 wurden darüber hinaus 100 Führungskräfte aus Versicherungen zu den Branchentrends, Herausforderungen und Strategien befragt. Die Onlinebefragung wurde mit Führungskräften von Versicherern unterschiedlicher Sparten und Größe durchgeführt.

Zum Branchenkompass Insurance 2019

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