Autokäufer können sich auf einfachere Abläufe und persönliche Angebote freuen. 88 Prozent der Unternehmen der Automobilbranche in Deutschland überarbeiten bis 2021 ihren Vertrieb und entwickeln zeitgemäße Konzepte. Jeder dritte Hersteller und Zulieferer will Kunden individueller und digitaler ansprechen, unter anderem mit virtuellen Testfahrten, Pop-up-Stores und mehr Smartphone-Angeboten. Der Gang zum Händler bleibt allerdings fester Vertriebsbestandteil. Jedes zehnte Unternehmen denkt an den Verzicht auf Zwischenhändler oder Vermittler. Ein digitales One-Stop-Shopping planen acht Prozent der Automobilunternehmen. Das ergibt die Studie „Branchenkompass Automotive 2019“ von Sopra Steria.
Die Automobilbranche stellt sich im Vertrieb insgesamt breiter auf. In den kommenden Jahren werden unter anderem weitere digitale und mobile Kontaktpunkte dazukommen. 20 Prozent der Automobilunternehmen ergänzen ihren Präsenzvertrieb mit digitalen Angeboten, weitere 20 Prozent planen Investitionen für die kommenden drei Jahre. Volkswagen setzt beispielsweise zusätzlich auf den Online-Direktkauf beim Hersteller. Händler und mobile Verkaufsstände, so genannte Pop-up-Stores, sollen als wichtige Kontaktpunkte für Beratung und Service nach dem Kauf Teil der Vertriebsstrategie bleiben. Der schwedische Hersteller Volvo stärkt mit seinem Auto-Abo-Angebot ebenfalls einen eng verzahnten Vertrieb. Kunden buchen online eine Flatrate, Beratung und Service bieten weiterhin die Autohäuser.
Ziel der vertrieblichen Vielfalt ist vor allem mehr Effizienz. Der Aufwand für das Gewinnen neuer Kunden soll erheblich sinken, indem die Autohersteller potenzielle Käufer je nach ihren Vorlieben zielgerichteter ansprechen. Und die Präferenzen haben sich in der Vergangenheit verschoben. Gerade in der jungen Kundengeneration gewinnen analoge Formate wie Showrooms in der Umgebung wieder mehr an Bedeutung, während ältere Autokäufer die Bequemlichkeit der Online-Konfiguratoren zu schätzen lernen, so die Rückmeldung der Automobilentscheider.
Knackpunkt Verzahnung
„Automobilkunden informieren sich in der Regel vor einem Fahrzeugkauf im Internet und tauschen ihre Erfahrungen auf Social Media aus. Anbieter sollten die Kommunikation aktiv steuern und Nutzer dazu motivieren, ihre Daten zu hinterlassen, zum Beispiel über Konfiguratoren oder bei virtuellen Testfahrten“, sagt Ziad Blal, Leiter Automotive bei Sopra Steria. „Wenn Kunden am Ende doch im Showroom kaufen, sollte allerdings dort ihre gesamte Kontakthistorie aktuell abrufbar sein“, so Blal.
Ein solches Omnichannel-Management ist nicht bei allen Anbietern Standard, Lieferanten sind hier weiter als die Automobilhersteller. 71 Prozent der Zulieferer und 51 Prozent der Hersteller arbeiten mit einem verzahnten Kundenkontaktmanagement. Jedes fünfte Unternehmen möchte sich hier bis 2021 weiter verbessern und beispielsweise IT-Systeme der Partner stärker in die eigenen integrieren. 46 Prozent der befragten Manager bestätigen, dass in ihrem Unternehmen alle Vertriebspartner digital angebunden sind, so dass Daten von Kaufinteressenten schnell und medienbruchfrei übertragen werden können. Bei 22 Prozent sind Investitionen angedacht.
„Die Investitionen in eine schnelle und einfache Anbindung von Partnern sind absolut notwendig. Nur so wird es künftig gelingen, das Plattformgeschäft und Kooperationen mit Digitalunternehmen und Energieversorgern zu forcieren“, sagt Ziad Blal von Sopra Steria. 40 Prozent der befragten Automobilentscheider gehen davon aus, dass Autohersteller und Zulieferer künftig auch mit Digitalunternehmen gemeinsam Infrastrukturprojekte übernehmen werden, zum Beispiel den Bau von Ladestationen für Elektroflotten.
Über die Studie:
Die Studie Branchenkompass Automotive 2019 zeigt, wie die Automobilhersteller und Zulieferer angesichts der vielen Veränderungen bei Antriebstechnologien, Fahrzeugnutzung und durch neue Wettbewerber in den kommenden Jahren wachsen wollen und welchen Herausforderungen sich die Unternehmen stellen müssen. Das Marktforschungsinstitut Forschungswerk führte hierfür im Herbst 2018 im Auftrag von Sopra Steria und dem F.A.Z.-Institut eine Befragung von 100 Entscheidern sowie Fach- und Führungskräften der Automobilbranche durch. Als Befragungsmethode wurde CATI (Computer Assisted Telephone Interviewing) eingesetzt. Teil der Studienergebnisse sind zudem drei vertiefende Interviews mit Spitzenvertretern der Branche über ihre Standpunkte und Erfahrungen.
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