Trotz negativer Kapitalmarktentwicklung, volatilem Wettbewerb und zunehmendem Kostendruck: Die deutsche Assekuranzwirtschaft tritt beim Thema Outsourcing nach wie vor auf der Stelle. Wie eine aktuelle Untersuchung von Sopra Steria zeigt, schätzt die halbe Branche den Anteil ausgelagerter Unternehmensprozesse nur als geringfügig ein. Mehr als neun von zehn Befragten meinen zudem, dass die Outsourcing-Potenziale in ihrer Versicherung bei weiten noch nicht ausgeschöpft seien.
Anhaltend niedrige Zinsen drücken auf Erträge; branchenfremde Konkurrenz verschärft den Wettbewerb: Eigentlich sollte der wachsende Kostendruck in der Versicherungsbranche ein guter Nährboden für die Auslagerung von Querschnitts- und sogar Kernprozessen sein. Im Gegensatz zu dieser Erwartung stagniert der Outsourcing-Anteil jedoch auf vergleichsweise niedrigem Niveau. Zu diesem Ergebnis kommt eine empirische Untersuchung von Sopra Steria mit dem Titel „Outsourcing-Potenziale in der deutschen Versicherungswirtschaft“. 94 Prozent der Studienteilnehmer gaben an, in ihrem Unternehmen seien Auslagerungspotenziale bislang nur teilweise oder gar nicht ausgeschöpft. 51 Prozent gehen von einem geringen bis sehr geringen Outsourcing-Anteil aus. Damit hinkt die Assekuranzwirtschaft in puncto Prozessauslagerung der verwandten Bankenbranche meilenweit hinterher.
Gleichwohl setzt sich auch bei Versicherern immer stärker das Bewusstsein für die vielfältigen Möglichkeiten unterschiedlicher Sourcing-Modelle durch: So sieht mehr als ein Drittel der Befragten in der Auslagerung von Prozessen ein hohes Potenzial zu nachhaltiger Kostenreduktion. Weitere 53 Prozent sehen hier immerhin ein mittleres Potenzial.
Als Grund für die auffällige Diskrepanz zwischen Bewusstsein und Tun legt die Studie die überdurchschnittlich hohe Fertigungstiefe in Versicherungsunternehmen nahe – verbunden mit der Tatsache, dass die Branche weithin noch am Businessmodell einer möglichst vollständigen Integration festhält. „Sowohl Entscheider als auch Fachexperten in den befragten Versicherungen haben erkannt, dass eine Reduktion ihrer Fertigungstiefe essenziell ist, um den wachsenden Anforderungen des Marktes nach neuen Geschäftsmodellen, höherer Effizienz und sinkenden Kosten dauerhaft gerecht werden zu können“, konstatiert Schumacher. Die Studienergebnisse deuten seiner Prognose nach zwar auch künftig auf keinen explosionsartigen Aktivitätsanstieg in Sachen Outsourcing hin. Dennoch erwartet er, dass deutlich mehr Unternehmen als bisher ihre Leistungen und Prozesse verstärkt auf die Möglichkeit zur Auslagerung hin überprüfen werden. „Outsourcing kann in der Versicherungsbranche als strategisches Instrument zur nachhaltigen Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit eingesetzt werden. Allerdings kommt es darauf an, die gewachsene Einsicht in das hohe Potenzial schnellstmöglich in aktives Handeln zu übersetzen“, rät der Outsourcing-Experte.
Über die Studie:
Für die Studie „Outsourcing-Potenziale in der deutschen Versicherungswirtschaft“ befragte Sopra Steria 42 Führungskräfte von Erstversicherern, Service-Providern und Consulting-Unternehmen. Neben einer quantitativen Erhebung führte Harry Schumacher im September 2015 sechs Tiefeninterviews mit Topentscheidern in der Branche durch. Die aktuelle Untersuchung setzt eine Reihe zahlreicher Studien in Kooperation mit Universitäten fort, mit denen Sopra Steria junge Wissenschaftler fördert.