Mehr Liquidität und Zusatzeinkünfte: Jedes zweite Unternehmen will Maschinenkapazitäten vermieten

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Die mittelständische Industrie in Deutschland öffnet sich auf der Suche nach finanziellen Spielräumen und Einnahmequellen für neue Geschäftsmodelle. 57 Prozent der Unternehmen sind offen für so genannte Pay-per-Use-Modelle. Ziel ist, Produktionskapazitäten besser auszulasten. Besonders groß ist die Bereitschaft bei Zulieferern. Aber auch deren Abnehmer sind offen für verbrauchsabhängige Finanzierungs- und Abonnementkonzepte. Das ergibt die Studie Branchenkompass Manufacturing von Sopra Steria und dem F.A.Z.-Institut.

Der industrielle Mittelstand in Deutschland kämpft mit enormen wirtschaftlichen Schwankungen. Durch die Corona-Pandemie, einen drohenden No-Deal-Brexit und wegen anhaltender wirtschaftlicher Differenzen zwischen der EU, China und den USA ist die Lage unsicher. Es wird für Unternehmen zunehmend schwer, mit stabilen Umsätzen und ausreichend Liquidität zu planen. Neue Finanzierungskonzepte und datenbasierte Zusatzleistungen rücken bei Entscheidern in den Fokus.

Ein Ansatz ist dabei besonders im Kommen: Pay-per-Use oder „Bezahl, was du nutzt“. Maschinenbauer bieten ihre Produkte nicht mehr zum Verkauf an, sondern als Dienstleistung. Ein Abnehmer einer Druckmaschine bekommt zwar das Gerät geliefert, bezahlt allerdings nur die produzierte Leistung, beispielsweise pro gedrucktes Erzeugnis. Treiber von Pay-per-Use-Geschäftsmodellen sind vor allem die Zulieferer. Zwei Drittel der befragten Zuliefererunternehmen befassen mit der Vermietung von Maschinenkapazitäten. Von den potenziellen Abnehmern der Zulieferer sind Hersteller von Endprodukten für Konsumenten eher bereit, auf eigene Maschinen für die Produktion zu verzichten als Industrieunternehmen, die für Firmen produzieren, so die Studie.

Maschinen als Abo zu nutzen etabliert sich

Im Maschinenbau sind Miet-, Leasing- und Dienstleistungsansätze ein vergleichsweise neues Geschäftsmodell. KraussMaffei Technologies hat beispielsweise im Unternehmen ein Pay-per-Use-Geschäftsmodell etabliert und bietet nun unter anderem Spritzguss als Serviceleistung an. Kunden kaufen keine Maschine, sondern bezahlen für eine bereitgestellte, garantierte Produktionskapazität in ihren Fabriken. Das Unternehmen Heidelberger Druckmaschinen bietet ebenfalls ein so genanntes Subscription-Modell an. Ihre Kunden profitieren durch einen geringeren Kapitaleinsatz und Flexibilität.

Maschinenbauer profitieren wiederum von stabileren Umsätzen und der Möglichkeit, ergänzende Leistungen anzubieten. Dazu zählen beispielsweise Analysen, Beratung oder Trainings zum optimalen Einsatz der Maschinen aufgrund der Produktionsdaten. „Maschinenbauer können mitverfolgen, wie ihre Kunden Maschinen nutzen. Diese Daten verraten eine Menge und sind eine ideale Basis für wiederum neue Dienstleistungen“, sagt Kris Steinberg, Head of Strategy Consulting bei Sopra Steria Next.

Maschinenkapazitäten als Dienstleistung ließen sich in der Vergangenheit nur schwer anbieten, weil die Vernetzung fehlte. Das ändert sich derzeit mit der Entwicklung einer Industrie 4.0. Geschäftsprozesse verlagern sich ins Internet und Technologien wie 3D- oder 4D-Druck, Künstliche Intelligenz, Internet of Things und Blockchain ermöglichen eine Skalierung des Angebots für viele Kunden und den Aufbau neuer industrieller Ökosysteme.

Über Online-Plattformen lassen sich Partner und Kunden schneller anbinden – auch aus anderen Branchen. Versicherer bieten beispielsweise spezielle Policen an, um Risiken wie Maschinenausfälle abzusichern. Banken entwickeln spezielle produktionsabhängige Kredite Sensoren. Die notwendigen Daten zu Stillstandzeiten erfassen und übermitteln Sensoren. „Für Unternehmen, die speziell in der aktuellen Lage mit starken Produktionsschwankungen umgehen müssen, sind derartige nutzungsbasierte Finanzierungen ein guter Hebel, Liquidität zu schaffen, die sie wiederum in Wachstum oder Profitabilität investieren können“, so Steinberg.

Über die Studie „Branchenkompass Manufacturing 2020“

Von Mai bis Juni 2020 befragte das Marktforschungsinstitut ForschungsWerk im Auftrag von Sopra Steria und dem F.A.Z.-Institut 100 Entscheider aus 100 mittelständischen Unternehmen in Deutschland zur Digitalisierung ihrer Geschäftsmodelle. Die Befragten sind in ihren Unternehmen Mitglieder der Geschäftsführung oder Verantwortliche für IT, Digitalisierung, Strategie oder Innovationen. Die Befragung wurde in Form von Computer Assisted Telephone Interviewing (CATI) durchgeführt.

Die befragten Unternehmen setzen sich zu 50 Prozent aus Zulieferern B2B, zu 23 Prozent aus Herstellern von Fertigprodukten und zu 27 Prozent aus Herstellern von Fertigprodukten B2C zusammen. In vertiefenden Interviews wurde mit drei Digitalisierungsexperten aus dem produzierenden Gewerbe über ihre Erfahrungen und Standpunkte gesprochen.

 

 

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