EU-Vermittlerrichtlinie ärgert Onlinevergleichsportale - Digitaler Vertrieb wird erschwert

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Noch zwölf Monate, dann wird die Arbeit für Anbieter von Versicherungsvergleichen, Versicherer, Direktversicherer und viele Versicherungs-Start-ups deutlich aufwändiger. Ab 23. Februar 2018 greift die EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD. Sie sieht vor, dass alle am Versicherungsvertrieb Beteiligten Interessenkonflikte vermeiden, Kosten und Provisionen offenlegen und die Beratung dokumentieren müssen. Der Gesetzesentwurf, der die Richtlinie in nationales Recht gießt, hat das Kabinett passiert. Die wenigsten Portale und Direktversicherer sind derzeit auf diese massive Regulierung ihres Geschäfts vorbereitet.

Kunden setzen insbesondere bei einfachen Versicherungsprodukten verstärkt auf den Vergleich im Internet. Versicherer nutzen diese Portale zudem vermehrt als Vertriebskanal. Die neue Vermittlerrichtlinie sieht deshalb eine Erweiterung des Anwendungsbereichs auf die gesamte Vertriebskette vor, inklusive des Direktvertriebs, Vergleichsportale sowie Vermittler im Nebenberuf. Das bedeutet: Auch Plattformen wie Check24.de und Verivox sowie Start-ups wie Friendsurance sind betroffen.

„Vielen Kunden ist meist nicht transparent, dass diese Plattformen als Makler agieren. Durch die IDD-Richtlinie werden Vergleichsplattformen explizit anderen Versicherungsvermittlern gleichgestellt, und es greifen auch für sie die nationalen Gesetzesvorschriften zur Umsetzung der der EU-Vorschrift“, sagt Sylvia Wolf, Versicherungsexpertin bei Sopra Steria Consulting. „Wenn die Portale beispielsweise durch Abfragen den persönlichen Bedarf der Kunden ermitteln, um passende Angebote anzuzeigen, gelten auch hierbei schon alle Regelungen zur Beratungsqualität“, so Wolf.

Die Arbeit der Onlineplattformen und Direktversicherer wird somit komplexer. „Diese Unternehmen sollten genau prüfen, inwieweit sie Beratungsleistungen anbieten. In dem Fall sind sie gefordert, wie die Versicherer auch, ihre aktuellen Abläufe anzupassen und über regelmäßige Kontrollen die Umsetzung nachzuweisen“, empfiehlt Sylvia Wolf. Das kann bedeuten, dass sich der Kaufprozess für den Kunden um ein paar Schritte verlängert. Dazu kommen die strengen Vorgaben an die Qualifizierung: Bieten Vergleichsportale beispielsweise Chats für Rückfragen an, muss der Mitarbeiter im Kundenservice IDD-konform geschult sein.

Die Umsetzung der IDD in ihrer aktuellen Fassung wirkt sich auch auf die Zusammenarbeit der Versicherer mit den neuen Portalen, Insuretechs und Online-Maklern aus. „Alle Seiten werden genau hinschauen, welche potenziellen Partner die besten IT-Systeme und Prozesse bieten, um den Spagat zwischen Regulierung und digitalem Vertrieb so effizient und nutzerfreundlich wie möglich zu schaffen“, sagt Sylvia Wolf von Sopra Steria Consulting.

Informationen zur Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD

Mit der neuen Vermittlerrichtlinie IDD (Insurance Distribution Directive) beabsichtigt der Gesetzgeber das Verbraucherschutzniveau  weiter zu erhöhen und gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Vertriebswege zu schaffen. Sie umfasst vier Handlungsfelder, mit denen sich künftig alle Versicherungsvertreiber beschäftigen müssen:

  1. Weiterbildung

    Anforderungen an Sachkompetenz führen zu erhöhtem Aufwand für Qualifikation und Fortbildung der Mitarbeiter, die an der Vermittlung beteiligt sind.

  2. Vergütung

    Herstellung von Transparenz über Produktkosten sowie Anpassung der Vergütungssysteme zur Vermeidung von Interessenskonflikten zwischen Vermittler und Kunden.

  3. Beratungsqualität

    Es muss sichergestellt werden, dass die Beratung den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden entspricht und die geforderten Dokumentationsanforderungen erfüllt werden. Auch hier gilt es Interessenskonflikte zu vermeiden.

  4. Produktgenehmigungsverfahren

Erhöhte Anforderungen an den Produktentwicklungsprozess,  zum Wohle des  Verbraucherschutzes, die über den gesamten Produktlebenszyklus gelten. Den jeweiligen Vertriebskanälen müssen nicht nur sachgerechte Informationen über das Versicherungsprodukt bereitgestellt werden, sondern auch über die gewählte Vertriebsstrategie und den Zielmarkt, die es zu befolgen gilt.

2016 hat die EU-Kommission die Vermittlerrichtlinie „Insurance Distribution Directive“ (IDD) als überarbeitete Version der IMD (Insurance Mediative Directive) sowie IMD2 veröffentlicht. Sie muss bis zum 23. Februar 2018 von allen Versicherer und allen am Versicherungsvertrieb Beteiligten, auch in der Verwaltung,  umgesetzt werden. Dazu zählen auch so genannte Tippgeber, Schadenexperten, Versicherungsvermittler in Nebentätigkeiten, Vergleichsplattformen und Gruppenversicherungsnehmern. Am 18. Januar 2017 hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zur Umsetzung der Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD) beschlossen. Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat hierzu umfangreich Stellung bezogen.

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