Die öffentliche Verwaltung in Deutschland investiert in einen internen Kulturwandel. 95 Prozent der Behördenentscheider halten einen Veränderungsprozess für wichtig. Zwei Drittel halten Change-Maßnahmen für dringend angebracht, um beispielsweise Digitalisierungsziele zu erreichen. Dazu gehört, mehr Akzeptanz zu erreichen und eine digitale Innovationskultur aufzubauen. Das sind die Ergebnisse des „Branchenkompass Public Sector 2020“ von Sopra Steria und dem F.A.Z.-Institut.
Die Mehrheit der Verwaltungen möchte ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stärker in die Veränderungsprozesse der kommenden Jahre einbeziehen. 88 Prozent der Behörden arbeiten an passenden Formaten, beispielsweise Workshops. Die Leiter
wollen so Digitalisierungsvorhaben und ihre Auswirkungen intensiver erklären, zum Beispiel, wie sich die Automatisierung von Aufgaben auf den eigenen Job auswirkt. Zudem planen die Verantwortlichen mit einem Fokus auf die Nutzerzentrierung mehr
Ideen und Anregungen aus dem Behördenalltag einzusammeln und zu berücksichtigen. Fast ebenso viele Befragte (83 Prozent) beabsichtigen, in zeitgemäße Kommunikation zu investieren. Dazu zählen beispielsweise interne Werbe-
und Aufklärungskampagnen, Roadshows mit Experten sowie Newsletter und Podcasts.
Von den Maßnahmen versprechen sich die Verantwortlichen in der öffentlichen Verwaltung mehr Zuspruch und Beteiligung in den eigenen Reihen. Die fehlende interne Akzeptanz ist für mehr als jeden zweiten befragten Behördenentscheider
(54 Prozent) ein zentrales Hindernis bei der Einführung neuer Technologien. 72 Prozent der Behörden spüren zudem, dass sie der IT-Fachkräftemangel ausbremst. Sie investieren deshalb verstärkt in die Qualifizierung des eigenen
Personals. 35 Prozent sehen Schulungsbedarf in Innovationsmanagement und neuen, agilen Arbeitsweisen.
Nur wenige Behörden messen Erfolg von Veränderungsmaßnahmen
Darüber hinaus arbeiten Behörden an organisatorischen Veränderungen. 59 Prozent der Behörden wollen bis 2020 die Arbeit in selbstorganisierten, crossfunktionalen Teams verstärken. 67 Prozent der Kommunen sowie 47 Prozent der Bundes-
und Landesverwaltungen planen zudem, das Verhalten und die Reaktion ihrer Mitarbeiter auf den Change-Prozess zu analysieren.
Eine valide Kontrolle, ob Veränderungsprozesse greifen, findet derzeit jedoch kaum statt. Das scheint auch in Zukunft so zu bleiben: Nur jede dritte Behörde plant die Einführung passender Instrumente zur Erfolgsbewertung für interne
Veränderungen, beispielsweise Benchmark-Vergleiche mit anderen Behörden oder Unternehmen. Eine Steuerung von Veränderungsmaßnahmen über Kennzahlen wie Balanced Reorganisation Scorecards ist nur in 17 Prozent der befragten
Verwaltungen vorgesehen.
Change Management muss überprüfbar sein
Vielen Behörden droht damit, dass angestoßene Veränderungsprozesse im Sande verlaufen oder im Ergebnis keine Verbesserungen bringen. „Ein erfolgreicher kultureller Wandel drückt sich vor allem in weichen Kategorien aus, beispielsweise
einem Bewusstseinswandel, einer Akzeptanz digitaler Technologien oder einer gesteigerten Motivation, eigene Ideen einzubringen“, sagt Ulf Glöckner, Senior Manager Public Sector von Sopra Steria und Experte für Veränderungsmanagement. „Umso wichtiger ist es, diesen Wandel in messbare Kennzahlen zu übersetzen und die Fortschritte zu überprüfen.
Nur mit Transparenz nach innen und nach außen steigt die Akzeptanz bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die anstehenden Veränderungen im Zuge des Onlinezugangsgesetzes mitzutragen und sich aktiv zu beteiligen“, so Glöckner.
Über die Studie
Von Februar bis März 2020 befragte das Marktforschungsinstitut Forschungswerk im Auftrag von F.A.Z.-Institut und Sopra Steria 100 Entscheider aus 100 deutschen Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltungen zum Status und zu den Herausforderungen der
Digitalisierung im öffentlichen Sektor. Die Befragten sind für Digitalisierung oder E-Government in ihrer Behörde zuständig. Die Befragung wurde in Form von Computer Assisted Telephone Interviewing (CATI) durchgeführt.
Die befragten öffentlichen Verwaltungen setzten sich zu 30 Prozent aus Bundes- und Landesbehörden und zu 70 Prozent aus Behörden von Kommunen – 23 Prozent Landkreise und 47 Prozent Städte und andere Gemeinden ab 20.000
Einwohnern – zusammen. In vertiefenden Interviews wurde Ende März 2020 mit drei Verwaltungsentscheidern über ihre Erfahrungen und Standpunkte gesprochen.
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