Digital investieren - alles dreht sich ums Depot

Mehr Kundinnen und Kunden werben, mehr Girokonten eröffnen und Sparbücher ausgeben – das war und ist die Devise vieler Banken und Sparkassen. Doch zu einem natürlichen Ansprechpartner in finanziellen Belangen macht das die etablierten Kreditinstitute damit längst nicht mehr.
von Martin Stolberg - Division Partner Banking
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Mehr Kundinnen und Kunden werben, mehr Girokonten eröffnen und Sparbücher ausgeben – das war und ist die Devise vieler Banken und Sparkassen. Doch zu einem natürlichen Ansprechpartner in finanziellen Belangen macht das die etablierten Kreditinstitute damit längst nicht mehr. Im Gegenteil: Die Fliehkräfte nehmen erheblich zu. Die Hälfte der Deutschen hat ihr Konto schon einmal in ihrem Leben gewechselt – drei Viertel davon mindestens dreimal – Tendenz steigend. Das führt die gesamte Vertriebsmaschinerie der Kreditinstitute ad absurdum. 

Als Kern- und Ankerprodukt hat das Girokonto ausgedient. Der neue Star ist das Depot. Befeuert durch die rekordverdächtige Konjunktur der letzten Jahre – und das trotz oder gar wegen Corona – hat es sich als Mittelpunkt der finanziellen Wahrnehmung von Privatpersonen etabliert. Gerade für junge, kaufkräftige und gut informierte Menschen ist das Depot das zentrale Finanzprodukt – und sollte daher auch eine entsprechende Rolle in der strategischen Ausrichtung von Banken und Sparkassen spielen. Das ist eines der zentralen Ergebnisse der Marktanalyse Digital Investieren 2022, für die wir im vergangenen Jahr die Angebote und Auftritte von insgesamt 40 Anbietern aus Deutschland und Österreich in Augenschein genommen haben. 

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Beratung? Ja – aber die Filiale reicht nicht mehr

Ihr Finanzunternehmen setzt noch auf beratungsintensive Produkte und hofft, die Kundinnen und Kunden darüber an das eigene Haus zu binden? Gefahr in Verzug. Die Generation Z holt sich ihre Beratung längst aus YouTube-Videos. Social Media ersetzen bei ihnen das jährlich oder halbjährlich stattfindende Gespräch in der Filiale vor Ort. Ihr Vertrauen bei der Geldanlage genießen nicht die wechselnden Beraterinnen und Berater der Banken und Sparkassen, sondern Finanz-Influencer. Das bedeutet Wissen on demand. Wer dann sein Depot bei einem Neobroker eröffnet, wechselt für die Finanzierung einer Immobilie oder den Kauf irgendeines anderen Finanzproduktes nicht mehr selbstverständlich zur Hausbank zurück. Digitale Vertriebswege und Kontaktpunkte zum Kunden zu etablieren und auszubauen, ist daher Fokusthema für den künftigen Erfolg.

Mein Geld – meine Entscheidung

Ohnehin gilt: Die Generation ETF will selbst entscheiden. Sparpläne zum Selbsteinrichten, Umschichten und Abstoßen sind das Nonplusultra. Umständliche Prozesse bestraft sie mit einem Wechsel. Eine App, die sich bequem im Alltag nutzen lässt – zwischen Uni-Vorlesung, Job und Kinobesuch – ist daher unverzichtbar. Einfachheit ist Trumpf!

 

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Neo-Ökologie gibt die Richtung vor

Doch die junge Generation von Investorinnen und Investoren stellt nicht nur Ansprüche an Technik und Nutzerfreundlichkeit, sondern handelt obendrein auch wertegetrieben. Das Öko-Label eines Aktienfonds reicht in Zukunft nicht mehr aus. Die Kunden fordern harte und überprüfbare Standards, welche die Anbieter vorweisen müssen. Insbesondere Neukunden wollen überzeugt werden, dass der Anbieter ihrer Wahl die „moralisch bessere Bank“ ist. Die Generation Greta fordert Transparenz. Für Anbieter, die auf diese Zielgruppe aus sind, bedeutet das: eine lückenlose Nachhaltigkeitsstrategie, die Anlageprodukte, eigene Prozesse und Geschäftsbeziehungen umfasst. Mit dem Setzen von Klimazielen und dem Pflanzen von Bäumen ist es da nicht getan. Stattdessen ist ein smartes Datenmanagement gefragt, das keine Fragen zum CO2-Fußabdruck mehr offenlässt.

 

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Die gute Nachricht kommt zum Schluss

Sind das zu viele schlechte Aussichten für Ihren Geschmack? Zumindest eine gute Nachricht hält dieser Insight noch parat. Unsere Expertinnen und Experten widmen sich in der Marktanalyse nämlich auch ausführlich den Maßnahmen, die Banken und Sparkassen jetzt ergreifen sollten, um vom Trend des digitalen Investierens zu profitieren. Die Analyse steht hier zum kostenlosen Download zur Verfügung. Und wer noch mehr zum Thema erfahren möchte, dem sei der Finanzszene-Podcast mit meinem Kollegen Robert Bölke zum Thema "Wie sich Banken im Retail-Brokerage von den neuen Playern differenzieren (könnten)" ans Herz gelegt.

Ich wünsche Ihnen eine erkenntnisreiche Lektüre und spannende Impulse für Ihre Geschäftsstrategie. 

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